Über Glaubenswahn, Tierelend und Kirche (Teil 3/2)

Rebloggt von Tierfreund und Religionskritiker Wolfgang – wolodja51.wordpress.com

Aus dem Buch „Die Seelenverkäufer“ von Dr. Gunter Bleibohm

Zur ethischen Relevanz des AT

Das AT ist ein gewalttätiges und inhumanes Buch – ein Buch, das Eroberungskriege und Völkermord sanktioniert, Nichtgläubige hasserfüllt verfolgt und bei genauerer Analyse eine exzessive Anwendung von Todesstrafen für belangloseste Vergehen fordert. Eine hervorragende, vertiefende Zusammenstellung und Analyse findet der interessierte Leser bei Prof. Buggle (Denn sie wissen nicht, was sie glauben, Franz Buggle, Alibri Verlag, Aschaffenburg, 2004).

Das AT ist die Beschreibung eines Mördergottes und seiner Helfershelfer, ist die Beschreibung eines Gottes, den der Brandopfer- und Blutgeruch befriedigt und eines Gottes, der seine Entscheidungen häufig ändert und seine Herrschaft mit tyrannischer Gewalt ausübt. Dieser Gott geniesst süchtig Rache und Vernichtung, er lebt und handelt im Blutrausch. Kurze Beispiele mögen an dieser Stelle genügen, die Todesliste der exzessiven Hinrichtungsbefehle sind im nachfolgenden Kapitel (Teil 4) in extenso aufgeführt.

Der Auftrag dieses „Gottes“ an den Menschen, sich auf der Erde vegetarisch, also ohne Tierleid, zu ernähren, steht gleich am Anfang der Genesis:

Und Gott sprach: Seht da, ich habe euch gegeben allerlei Kraut, das sich besamt, auf der ganzen Erde und allerlei fruchtbare Bäume, die sich besamen, zu eurer Speise … (Gen 1, 29)

Nachdem er aber seine Schöpfung als Fehlschlag erkannte und durch die Sintflut fast zur Gänze ersäufte, startete er einen neuen Versuch und änderte gleichzeitig seine Meinung bezüglich der Ernährung:

Furcht und Schrecken vor euch sei über alle Tiere auf Erden und über alle Vögel unter dem Himmel, über alles, was auf dem Erdboden kriecht, und über alle Fische im Meer; in eure Hände seien sie gegeben. Alles, was sich regt und lebt, das sei eure Speise; wie das grüne Kraut habe ich‘s euch alles gegeben. (Gen 9, 2-3)

Die zentrale Figur des Moses ist gleichfalls, wie sein Herr, von grenzenloser „Humanität“ geprägt. Als Moses nämlich vom Berg Sinai herabstieg mit den zehn Geboten in der Hand, von denen das fünfte Gebot lautet: „Du sollst nicht töten“, sah er sein Volk um ein goldenes Kalb tanzen. Fünftes Gebot hin oder her, gab er folgende Anweisung:

Und er sprach zu ihnen: So spricht der HERR, der Gott Israels: Gürte ein jeglicher sein Schwert um seine Lenden und durchgehet hin und zurück von einem Tor zum andern das Lager, und erwürge ein jeglicher seinen Bruder, Freund und Nächsten. Die Kinder Levi taten, wie ihnen Mose gesagt hatte; und es fielen des Tages vom Volk dreitausend Mann. (Ex 32, 27-28)

Geschichten ähnlicher Barbarei werden von König David sowie dem ebenfalls hochverehrten König Salomo berichtet. Damit der Fleischhunger und Blutdurst des Herrn richtig gesättigt wird, opfert nämlich Salomo gleich eine immense Menge an Tieren, nach dem Motto „viel hilft viel“:

Und Salomo opferte Dankopfer, die er dem HERRN opferte, zweiundzwanzigtausend Ochsen und hundertzwanzigtausend Schafe. Also weihten sie das Haus des HERRN ein, der König und alle Kinder Israel. (1Kön 8, 62-63)

Wir finden hier die Gedankenwelt einer brutal-archaischen Lehre. Statt durch Religion die Wehrlosen, die Tiere, zu schützen, beutet dieses abstruse Gedankenkonstrukt die Schwächsten schamlos und ohne Mitgefühl aus und legt ihnen zum höheren Lob des Herrn einen furchtbaren Tod durch Schächten auf. Was ist das für ein Gottesmonster, welches das Blut der Ärmsten der Armen, welches das Blut seiner eigenen Schöpfung liebt und gegen deren Leid und Schmerz taub ist?

Wer aber glaubt, dass Tieropfer zwischenzeitlich in der katholischen Kirche abgeschafft sind, irrt zutiefst. Meldet doch die „Süddeutsche Zeitung“ vom 7.10.2009, das im Altarraum der kath. Kirche von San Juan Chamula, Mexiko, bis heute Tieropfer vollzogen werden! Übrigens ist Massenmord an Tieren auch heute keine Todsünde nach der Lehre der Catholica! Mit dem Begriff Todsünde (peccatum mortiferum) werden im Katechismus der Katholischen Kirche bestimmte, besonders „schwerwiegende“ Sünden wie Mord, Ehebruch und Glaubensabfall bezeichnet. Man kann Tiere quälen, in unbegrenzter Zahl ermorden, sein ewiges Leben gefährdet der gläubige Katholik damit nach offizieller Lehrmeinung der Kirche nicht.

König David, Liebling Gottes, zweiter König von Israel und Nachfolger Sauls, war ein Mann, der neben zahlreichen, bluttriefenden Massakern auch äusserst exzentrische Geschenke liebte:

Da machte sich David auf und zog mit seinen Männern und schlug unter den Philistern zweihundert Mann. Und David brachte ihre Vorhäute dem König in voller Zahl, daß er des Königs Eidam würde. Da gab ihm Saul seine Tochter Michal zum Weibe. Und Saul sah und merkte, daß der HERR mit David war. Und Michal, Sauls Tochter, hatte ihn lieb. Da fürchtete sich Saul noch mehr vor David und ward sein Feind sein Leben lang.“ (1Sam 18, 27-29)

Diese kurzen Ausgriffe mögen genügen, die doch recht eigenwillige Gedankenwelt und moralisch-ethische Qualität des Pentateuch zu skizzieren. Über die Relevanz des „Gotteswortes“ für unsere heutige Zeit möge der kritische Denker selber urteilen, zumal dieses „Gotteswort“ im Laufe der Geschichte tausendfach umgeschrieben, verändert, angepasst, kurzum in seiner Aussage manipuliert wurde, so dass auch die Kunst der priesterlichen Exegese hauptsächlich darin besteht, scholastisch-spitzfindig die Texte situativ zu interpretieren. Aber noch eine Komponente kommt hinzu:

„Nicht das Wissen, sondern der Glaube siegt, nicht die Wahrheit, sondern die Masse“ (F.W. Korff, Vorwort zum wahren Wort des Celsus, 1991) oder mit den Worten des großen Blaise Pascal in seine Pensées: „Warum folgt man der Mehrheit? Etwa weil sie mehr Vernunft hat? Nein, sondern weil sie mehr Macht hat.“

Wer meint, dass zumindest Zauberhandlungen in der heutigen, aufgeklärten Welt undenkbar sind, schätzt seine Mitmenschen falsch ein. Schreibt doch die FAZ am 28.9.2009 in einem Artikel vom jüdischen Versöhnungsfest über den Brauch des „Kaparot“ ultraorthodoxer Juden, wie man sich der Sünden des vergangenen Jahres zu entledigen sucht. Nach einem Gebet wird ein Huhn an Schulter oder Füssen gepackt, und dreimal über dem Kopf geschleudert. „Danach lassen sie die Hennen (für Frauen) und die Hähne (für Männer) den jüdischen Vorschriften gemäß schlachten und das Fleisch an die Armen verteilen“. Bleibt nur noch die sarkastische Frage, wenn der zuständige „Gott“, in diesem Fall Jahwe oder Jehovah, sich verzählt oder das Huhn nur zweimal über dem Kopf kreist – was passiert dann? Ewige Verdammnis? Vergebung?

Die Ankündigung, Durchführung und Rechtfertigung vergleichbarer Verbrechen des AT auf die heutige Zeit zu übertragen, würde die Intervention sämtlicher humanistisch orientierter Staaten bewirken. Aber wir sind stolz auf unsere tolerante Gesetzgebung, denn dieses Buch, das zum Terror aufruft, darf frei verkauft werden und dient – anders als die blanke Brustwarze eines Fotomodells – nach offizieller Lesart nicht der „sozialethischen Verwirrung“ Jugendlicher. Opportunität und Stillschweigen ist an dieser Stelle aber kein Zeichen von Toleranz, sondern ein moralisches Verbrechen.

Kleines Zwischenfazit:

Der Herr Staatsanwalt ist kraft bindender und gemeinsamer Regierungs- und Kirchenbefehle auf dem religiösen Auge vollständig blind, nicht einmal ein Glasauge verbirgt kosmetisch seine Blindheit. Unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit wird jede Glaubensabsurdität toleriert, selbst wenn zu Genozid, Mord, Hass und Diskriminierung Andersdenkender aufgerufen wird. Fühlt sich doch heute noch der kleinste Geist durch die Ausübung bizarrer Riten und Gepflogenheiten auserwählt, elitär und privilegiert.

Da sich zugegebenermaßen die gesamte Fabel des AT im Glaubensbereich abspielt, kann man für die Geistesverwirrung der Glaubensschafe lediglich den nachstehenden Versuch der Exculpation als mildernden Umstand gelten lassen: Vorausgesetzt, daß überhaupt geglaubt wird, so ist der Alltags-Christ eine erbärmliche Figur, ein Mensch, der wirklich nicht bis drei zählen kann, und der übrigens, gerade wegen seiner geistigen Unzurechnungsfähigkeit, es nicht verdiente, so hart bestraft zu werden, wie das Christentum ihm verheißt. (Friedrich Nietzsche: Menschliches, Allzumenschliches, 116)

Fortsetzung folgt …..

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